Sulzer Technical Review Ausgabe 3/2019
27. November 2019Innovative Pumpen seit 185 Jahren
Die ersten, 1834 von Sulzer gelieferten Feuerspritzen waren handbetrieben (Abb. 1).
Im Jahr 1923 lieferte Sulzer Löschpumpen für motorisierte Feuerwehrautos (Abb. 2). Der Einsatzbereich von Kreiselpumpen für Wasser wurde seit der Unternehmensgründung von der Be- und Entwässerung auf Trinkwasser ausgeweitet.
Danach wurden Pumpen zur Unterstützung der Energieerzeugung in Kraftwerken entwickelt. Zu Beginn waren Speicher- und Wasserkraftwerke Abnehmer dieser grossen Pumpen.
In Kraftwerken mit fossiler oder atomarer Verbrennung, Gas- und Dampfkraftwerken kommen Zentrifugalpumpen wegen ihrer Verlässlichkeit und ihres hohen Wirkungsgrades zum Einsatz.
Einsatzbereiche von Sulzer-Pumpen
Marktführend sind die Pumpen von Sulzer in der Öl- und Gasgewinnung und in der Petrochemie: Sei es als Pipeline-, Injektions-, Multiphasen- oder Subsea-Pumpe. Mit dem Aufkommen von nachhaltigen Energieerzeugungsverfahren werden Sulzer-Pumpen in Solarkraftwerken oder bei der Energierückgewinnung eingesetzt. Pumpen für Grossanlagen werden kundenspezifisch ausgelegt, berechnet, gefertigt und getestet. Sulzer bietet Pumpenlösungen für Trinkwasser, Wasser- und Abwasserbewirtschaftung sowie Zubehör für die Wasseraufbereitung an. In der allgemeinen Industrie (Papier, Getränke, Nahrungsmittel, Düngemittel, Desalination etc.) werden die robusten und energiesparenden Pumpen von Sulzer den höchsten Anforderungen gerecht.
Geschichte der Pumpenfabrikation bei Sulzer
Im fabrikmässigen Stil hat Sulzer Zentrifugalpumpen seit den 1860er-Jahren produziert (Abb. 3). Sulzer-Pumpen wurden zu Beginn meist als Abwasserpumpen verwendet, aber auch in der Erzaufbereitung und als Sole-Umlaufpumpen bei Kälteanlagen.
Pumpen zur Be- und Entwässerung
Von 1890 an fertigte Sulzer Entwässerungspumpen für das Nildelta in Ägypten und für andere Länder. An die Pumpstation Codigoro in Oberitalien zum Beispiel lieferte das Unternehmen fünf Axialpumpen mit vertikaler Welle für eine Fördermenge von jeweils 28’800 m3 pro Stunde und einer Förderhöhe von 4 bis 5 Metern.
Zentrifugalpumpen zur Bewässerung im grossen Stil wurden erstmals 1892 eingesetzt. Damals wurde in Ägypten im Auftrag der Raffinerie Say die erste Grossanlage mit einer Pumpleistung von insgesamt 6’500 m3 je Stunde gebaut (Abb. 4). Für diese Wassermengen wurde damals bereits ein Spiralgehäuse mit eingegossenen Leitrippen verwendet. Zuerst hatten die Pumpen Riemenantrieb, später folgten Grossanlagen mit direkter Kupplung der Pumpen an Dampfmaschinen, Dieselmotoren oder Elektromotoren.
Die Ausführung von Kanalisationspumpen mit vertikaler Welle beseitigte die Ansaugschwierigkeiten. Die Hydraulik optimierte Sulzer schon im letzten Jahrhundert stetig. Dank doppelt gekrümmter Laufräderschaufeln und verbesserter Saugleistung konnte die Drehzahl der Pumpen gesteigert werden.
Hochdruck dank elektrischem Antrieb
Mit dem Einbau von Elektromotoren zum Antrieb stiegen die Förderhöhen. Sulzer machte den ersten praktischen Versuch mit Elektromotoren 1894 mit dem Einbau in einer mehrstufigen Pumpe. Auf einer vertikalen Welle sassen drei hintereinander geschaltete Laufräder, mit Zwischenscheiben voneinander getrennt. Diese Pumpe wurde für die erste hydraulische Kraftspeicherungsanlage der Welt konzipiert.
Die erste Hochdruck-Zentrifugalpumpe wurde 1896 lanciert. Das städtische Wasserwerk in Genf (Abb. 5) bestellte daraufhin eine grosse mehrstufige Pumpe, die mit einem Elektromotor von 1’000 PS (735 kW) direkt gekuppelt war und 1’350 m3 Wasser pro Stunde auf 140 Meter hob. Der erste «Jet d’Eau» im Genfersee diente damals dem Ablass von Überdruck aus dieser Anlage. Später wurden Sulzer-Pumpen eingesetzt, um diese Fontäne (Abb. 6) dauerhaft zu betreiben.
Bohrlochpumpen für Brunnen und Minen
Um ganz ohne einen Brunnenschacht auszukommen, wurden seit 1910 Bohrlochpumpen gebaut, die in kurzer Zeit grosse Verbreitung fanden und auch in Bergwerken eingesetzt wurden. Während die erste Pumpe eine Wellenlänge von 24 m hatte, waren 1930 schon Ausführungen mit 170 m Wellenlänge und einer Antriebsleistung von 800 PS (590 kW) in Betrieb. Zu dieser Zeit begann Sulzer bereits mit dem Bau von Unterwasser-Elektropumpen, bei welchen der Motor auf der Pumpe sass und die vertikale Welle ganz entfiel.
Ein ganz grosses Marktpotenzial, das früher komplett von Kolbenpumpen beherrscht wurde, erschloss sich der Hochdruck-Zentrifugalpumpe mit der Bestellung der Wasserhaltung für das spanische Blei- und Silberbergwerk Horcajo im Jahre 1898 für 390 m Tiefe. Diese Anlage arbeitete mit mehreren, in verschiedenen Sohlen übereinander angeordneten Pumpen, die eine Förderwassersäule kraftschlüssig miteinander verband. Die Minenpumpen waren bereits direkt mit Elektromotoren gekuppelt (Abb. 7).
Geniale Konstruktion zur Entlastung
Ein weiterer grosser Fortschritt im konstruktiven Aufbau der mehrstufigen Pumpe vollzog sich 1905 mit der Einführung der Entlastungsscheibe. Anfangs hatte man die Axialkräfte mit paarweise angeordneten Laufrädern zum grössten Teil ausgeglichen. Entlastungskolben und Kugel- oder Kammlager nahmen die Restkräfte auf. Die Entlastungsscheibe erlaubte es, nur gleich gerichtete Laufräder auf der Welle anzuordnen und den Axialschub vollständig aufzuheben.
Speicherpumpen für Wasserkraft
Mit dem Ausbau von Wasserkraftwerken an Flüssen gewann die Kraftspeicherung erhöhte Bedeutung. Um die Leistungsfähigkeit eines Elektrizitätswerks zu steigern, baute man Hochbehälter. Für die Weberei Hüssy in Italien baute Sulzer 1894 die erste Speicherpumpe der Welt. Sulzer erstellte für das Elektrizitätswerk Olten-Aarburg 1904 die erste grosse Speicherpumpenanlage mit einer Hochdruckpumpe von 800 PS (590 kW). Erwähnenswert ist die Installation von Riesenpumpen für die Speicheranlage Niederwartha bei Dresden mit Einheitsleistungen von 27’000 PS (19,9 MW) im Jahr 1929. 1957 wurde in Wales das damals grösste Pumpspeicherwerk der Welt installiert. Es kamen vier vertikale, zweistufige doppelflutige Pumpen mit je 69,7 MW Antriebsleistung zum Einsatz. Wie gross diese Hochdruckpumpen waren, erkennt man auf Abb. 8 und 9.
Mit Volldampf voraus
Mit der wachsenden Grösse der Dampfkraftwerke wurden ab 1912 Zentrifugalpumpen zur Kesselspeisung eingesetzt. Diese Pumpen waren auf Temperaturen bis zu 200 °C und einen Betriebsdruck von über 100 bar ausgelegt. Sulzer konzipierte thermische Kraftwerke für die Erzeugung von Elektrizität und Dampf. Abb. 10 zeigt ein Modell für eine Strom- und Dampferzeugungsanlage aus dem Jahr 1946 und Abb. 11 eine realisierte Anlage von 1950. Im Jahr 1975 installierte Sulzer im niederländischen Maasbracht die damals grösste Kesselspeisepumpe Europas. Die grösste Kesselspeisepumpe mit Turbinenantrieb (47,5 MW) wurde 2006 nach Neurath in Deutschland geliefert (Abb. 12).
Meilensteine in der Innovationsgeschichte von Pumpen
Injektionspumpen kommen im Öl- und Gasbereich zum Einsatz. 1975 installierte Sulzer in Algerien zum ersten Mal 13 Duplex-Injektionspumpen. Nach Saudi-Arabien wurden 1977 die zwei grössten Injektionspumpen mit je 15,7 MW geliefert, bereits 1981 getoppt mit zwei 18,8-MW-Pumpen die in Alaska, USA, zum Einsatz kamen. 2002 betrug die Leistung der grössten Injektionspumpen schon 27 MW.
Im Golf von Mexiko wurden 2001 erstmalig Hochdruck-Injektionspumpen mit einem Druck von 605 bar zur sekundären Ölgewinnung aus dem Ölvorkommen eingesetzt. 2011 begann Sulzer die konzeptionelle Entwicklung einer Meerwasser-Injektionspumpe mit 800 bar, die in voller Baugrösse erfolgreich im Jahr 2019 getestet wurde.
Die zwei grössten Offshore-Mehrphasenpumpen für Öl-Gas-Wasser- Gemische wurden in der Nordsee im Jahr 1999 mit einer Leistung von 4,5 MW installiert. Im Jahr 2000 gingen die zwei grössten Mehrphasenpumpen mit 6,0 MW nach Russland. Und 2018 kam eine Sulzer-Mehrphasenpumpe (Abb. 14) ca. 1’800 m unter dem Meeresspiegel zum Einsatz.
Pipelines für Öl oder Wasser
Pipelinepumpen sind ein weiteres Gebiet, in dem Sulzer marktführend ist. Die erste Pipeline wurde bereits 1934 in Betrieb genommen und führte von Kirkuk im Irak ans Mittelmeer (Abb. 15). Im Jahr 1985 stattete Sulzer die längste Pipeline in Kanada und den USA mit 100 Pumpen aus. In Russland wurden im Jahr 2008 die grössten Pipelinepumpen der Welt mit 14,5 MW installiert. Im gleichen Jahr wurde die längste Rohölpipeline in Kanada mit Sulzer-Pumpen versehen.
Die führenden Pumpen für die Zellstoff- und Papierindustrie
Ahlström in Finnland war ein führender Anbieter von Pumpen für die Zellstoff- und Papierindustrie. Durch die Übernahme von Ahlström Pumps im Jahr 2000 hat sich Sulzer zu einem weltweit führenden Anbieter von innovativen und zuverlässigen Pumpen, Rührwerken und Mischlösungen für die Zellstoff- und Papierindustrie entwickelt. Die Akquisition von Cardo Flow Solutions im Jahr 2011 erweiterte das komplette Produktportfolio von Sulzer für die Zellstoff- und Papierindustrie mit ABS-Tauchpumpen und HST-Turbokompressoren, die auch in anderen Prozessindustrien eingesetzt werden können.
Das tiefe Prozess- und Anwendungswissen von Sulzer basiert auf einer langfristigen engen Zusammenarbeit mit den Produzenten, Maschinenlieferanten und Engineeringfirmen.
Entwicklungsoptimierung und Datenerfassung für Pumpen
Weniger spektakulär, aber genauso wichtig ist die Entwicklung von neuen Laufrädern, die Optimierung der Hydraulik von Pumpen oder Optionen für die Prozessoptimierung. Die Verwendung des bestgeeigneten Pumpenmaterials, angepasst an das zu pumpende Medium, ist bei Sulzer von jeher ein wesentlicher Bestandteil bei der Auslegung von Pumpen. Bereits in den 1920er-Jahren produzierte Sulzer Säurepumpen für die Herstellung von Salpetersäure, für die V2A-Material (Chrom-Nickel-Stahl) zur Verwendung kam.
Sulzer liess 1996 das erste verstopfungsfreie Laufrad für Abwasserpumpen patentieren. CFD-Berechnungen kamen bei Sulzer bereits in den späten 1980er-Jahren zum Einsatz. Ein mithilfe von CFD optimiertes Laufrad wurde 2009 patentiert. Im Jahr 2013 hat Sulzer das erste CFD-optimierte Mehrkanal-Laufrad auf den Markt gebracht.
Durch die Einführung der ersten Pumpen für Stoffe mit mittlerer Konsistenz im Jahr 1980 verhalf Sulzer zu Energieeinsparungen bei der Zellstoff-, Papier- und Kartonherstellung und bei anderen industriellen Prozessen. Die integrierte Entgasung, in den 80ern erstmalig am Markt eingeführt, ist bei vielen industriellen Prozessen ein wesentliches Entscheidungskriterium für Sulzer-Pumpen.
Den Sprung in die Sphären der Industrie 4.0 ist Sulzer im Jahr 2017 gelungen. Mit BLUE BOX™ hat Sulzer eine innovative, cloudbasierte Datenplattform lanciert. BLUE BOX ist in der Lage, Daten von Pumpen- und Pipelineausrüstungen zu analysieren – ganz gleich, von welchem Hersteller sie stammen und verhilft den Betreibern die Anlagen zu optimieren, effizienter zu betreiben und besser zu warten.
Um ein so breites Sortiment an Pumpen und Pumpenzubehör anbieten zu können, erwarb Sulzer Unternehmen auf der ganzen Welt und integrierte sie in die Sulzer-Familie. Die wichtigsten Meilensteine der Expansion des Geschäftsbereiches sind in Abb. 16 dargestellt.
Sulzer Technical Review
Editor-in-Chief