Sulzer Technical Review Ausgabe 4 / 2018
10. Oktober 2018Führende Technologie für biobasierte PLA-Kunststoffe
Eine neue Generation von Rohstoffen
Die Milchsäure-Monomere werden durch Fermentation von Glucose oder Zucker aus Pflanzen wie Mais, Weizen, Zuckerrohr oder Zuckerrüben gewonnen. Bisher wurden diese Rohstoffe hauptsächlich aus Zuckerrüben oder Mais bzw. aus Mais- oder Tapiokastärke extrahiert (Abb. 2).
Der Bedarf an biobasierten, biokompostierbaren, recycelbaren und ungefährlichen Kunststoffen hat Forscher rund um den Globus dazu veranlasst, nach anderen erneuerbaren Kunststoffen zu suchen – mit Erfolg. Das Ergebnis ist eine neue Generation von Kunststoffen auf der Basis nachwachsender Rohstoffe, die in Zukunft auch aus Lignocellulose-Zucker hergestellt werden könnten. Lignocellulose-Zucker sind Rohstoffe der zweiten Generation, die aus Biomasse wie Getreide- und Maisstroh, Zuckerrohr-Bagasse oder Holzschnitzeln gewonnen werden (Abb. 2). Das Centre for Surface Chemistry and Catalysis der KU Leuven in Belgien hat sogar ein Patent für die Gewinnung von Milchsäure aus Abfällen der Käseherstellung angemeldet.
Erneuerbare, natürliche Ressourcen
Dank der breiten Palette von geeigneten Rohstoffen können PLA-Produzenten in aller Welt zur Zuckerherstellung auf die vor Ort verfügbaren pflanzlichen Ressourcen zurückzugreifen. Dies hilft dabei, die Wirtschaftlichkeit des Prozesses und die Zuverlässigkeit der Lieferkette zu maximieren und gleichzeitig den CO2-Fussabdruck des Rohstofftransports zu minimieren. So können in äquatornahen Regionen z. B. Zuckerrohr und Bagasse als Rohstoff für die PLA-Produktion genutzt werden, während sich in gemässigten Breiten Stroh, Mais oder Holzschnitzel anbieten.
Prozessschritte der PLA-Erzeugung
Der Prozess zur Umwandlung von Zucker in PLA-Kunststoff umfasst mehrere Schritte (Abb. 3). Zunächst wird Zucker mit robusten und effizienten, nicht gentechnisch veränderten Bakterienstämmen fermentiert, um Milchsäure zu gewinnen. In einem zweiten Schritt wird die Milchsäure in einer Polykondensationsreaktion in ein Präpolymer mit geringem Molekulargewicht polymerisiert (Abb. 5). Dank ihrer flexiblen Betriebsbedingungen helfen die Polykondensationsreaktoren dabei, Nebenprodukte zu entfernen und die Ausbeute zu maximieren. Anschliessend wird das Präpolymer in einer katalytischen Reaktion in Lactid verwandelt. Dieses wird dann mithilfe von Destillations- und Kristallisationstechnik von Sulzer gereinigt und polymerisiert. Nachdem das Lactid eine Reihe von Kreislauf- und Pfropfenströmungsreaktoren durchlaufen hat, wird es in PLA umgewandelt. Dank der Sulzer-eigenen Entgasungstechnologie werden die verbleibenden flüchtigen Komponenten durch Entgasung der PLA-Schmelze entfernt. Je nach Verwendung des Endprodukts werden der Schmelze im letzten Mischer Farb- oder Zusatzstoffe hinzugefügt. Im letzten Schritt wird das PLA zum Transport und zur Lagerung zu Granulat verfestigt.
Integrierte PLA-Technologie
Mit über 25 Jahren Erfahrung in der Reinigung und Polymerisation von Milchsäure und Lactid sind Sulzer und seine Partner in der Lage, Einzellösungen für Schlüsselkomponenten der PLA-Herstellung bereitzustellen. Ausserdem entwickelt und implementiert Sulzer Schlüsselkomponenten und integrierte modulare Lösungen (Abb. 4) für einzelne Schritte der Polymerisation.
Darüber hinaus bietet Sulzer Chemtech verschiedene zusätzliche Dienstleistungen an, um sicherzustellen, dass Kunden in den Bereichen Landwirtschaft, Chemie und Fasern kontinuierlich von ihrer integrierten PLA-Technologie profitieren. Dazu gehört z. B. die Unterstützung bei der Montage, Installation, Inbetriebnahme und dem Anfahren der Anlagen durch erfahrene Techniker und Ingenieure.
Ferner helfen die von Sulzer angebotenen Betriebs- und Wartungsschulungen Anlagenfahrern dabei, das System vollständig zu verstehen. Und um Kunden dabei zu helfen, die Leistungsfähigkeit und Lebensdauer ihrer Anlagen zu maximieren, gibt Sulzer Empfehlungen und Richtlinien zur optimalen Instandhaltung.
Bewährte Skalierung in den industriellen Massstab
Mit der Unterstützung von Sulzer entwickelte einer der weltweit führenden PLA-Produzenten eine Grossanlage zur Herstellung von 75’000 Tonnen PLA-Kunststoff im Jahr, darunter auch wärmebeständige PLA-Verbundstoffe für eine Vielzahl von Anwendungen. Nach umfangreichen Labor- und Pilotversuchen durch hochqualifizierte Spezialisten wurde ein kundenspezifisches Design erarbeitet, das den Anlagen- und Produktionsanforderungen entsprach. Dank der Unterstützung durch die Experten von Sulzer Chemtech ist es dem Kunden gelungen, eine der grössten PLA-Anlagen der Welt zu realisieren, um hochwertige Biokunststofflösungen für eine grünere Zukunft zu liefern.
Kontrollierte biologische Abbaubarkeit
Einer der Hauptvorteile der Sulzer-Technologie ist, dass die Eigenschaften des Polymers mit ein und derselben Anlage problemlos angepasst werden können, d. h. es sind keine unterschiedlichen Prozesslinien erforderlich. So können das Monomerverhältnis und das Molekulargewicht des PLA entsprechend den Marktanforderungen präzise eingestellt werden.
Diese Flexibilität ist wichtig, denn die spezifischen Einstellungen beeinflussen die biologische Abbaugeschwindigkeit von PLA-basierten Produkten. So kann die biologische Abbaubarkeit durch den relativen Anteil an D- und L-Lactiden gesteuert werden. Tatsächlich sind PLA-Polymere mit einem hohen Anteil an D-Lactiden leicht biologisch abbaubar, PLA-Polymere mit einem hohen Anteil an L-Lactiden hingegen nicht. Folglich eignen sich PLA-basierte Werkstoffe mit einem höheren D-Lactidanteil für Einweganwendungen wie Lebensmittelverpackungen mit kurzer Haltbarkeit, während für dauerhaftere Lösungen wie elektronische Bauteile PLA-basierte Kunststoffe mit einer höheren L-Lactidkonzentration erforderlich sind. Dank der intelligenten Mess- und Regelungstechnik von Sulzer und präziser Wärmeeinstellungen können die Anteile von L- und D-Lactiden im PLA-Granulat einfach vorgegeben werden.
Schlüsselkomponenten für PLA
Zu den von Sulzer entwickelten Schlüsselkomponenten für die PLA-Produktion gehören Fallfilmkristallisatoren, der Kreislauf- und Pfropfenströmungsreaktor (SMX™), Sulzer-Mischreaktoren (SMR™) sowie Destillations- und Entgasungstechnologien (Abb. 5). Ausserdem sind die Lösungen vollständig skalierbar und ideal für veränderliche Produktionsmengen, denn sie ermöglichen eine Steigerung der Produktion auf bis zu 100’000 Tonnen pro Jahr.
Hauptvorteile der Schlüsselkomponenten von Sulzer
Entscheidend für eine gute Polymerisation sind eine kontrollierte, konstante Prozesstemperatur und eine gute Vermischung der Einsatzstoffe. Bei der herkömmlichen Polymerisation, bei der der Dimerisationsprozess und die Polymerreaktion in einem kontinuierlich gerührten Tank stattfinden, ist dies schwieriger zu erreichen. Sulzer bietet spezielle Mischreaktoren, die diese beiden Prozesse – Mischen und Erwärmen oder Kühlen – kombinieren. Die Reaktoren haben einen kleineren Durchmesser als der Tank und zeichnen sich durch eine gleichmässige Temperaturverteilung aus. Die Rohre im Mischer-Wärmetauscher sind, abhängig von der Anwendung, mit einer Transferflüssigkeit gefüllt und ermöglichen einen kontrollierten Temperaturübergang. Die spezielle Form der Rohre sorgt gleichzeitig dafür, dass das durch den Reaktor geführte Material gemischt wird (Abb. 6).
Da die Mischreaktoren in einem Kreislauf angeordnet sind, ist ein kontinuierlicher Materialfluss möglich, und es kann eine gleichmässige Polymerisation stattfinden. Die Prozesssteuerung überwacht die wesentlichen Prozessparameter um die Polymerspezifikation zu garantieren. Aufgabe der Sulzer-Entgasungstechnologie ist es, die Monomere aus dem PLA zu strippen, um eine hohe Produktqualität zu gewährleisten. Die Entgasung erfolgt schnell, d. h. das Material verbleibt nicht lange im Behälter. Dies ist wichtig, da eine lange Verweildauer zur Vergilbung des Materials bzw. zum Abbau der Polymere führt.
Nachhaltigkeit unterstützen
PLA ist ein biobasierter, biokompostierbarer, recycelbarer und ungefährlicher Kunststoff, der aus erneuerbaren Ressourcen hergestellt werden kann. Die Anwendungen sind vielfältig und reichen von thermogeformten Produkten über Fasern und Vliesstoffe bis hin zu Folien und Gussteilen. Dank seiner aussergewöhnlichen Eigenschaften eignet sich PLA nicht nur für Verpackungen, medizinische Geräte, Implantate und elektronische Geräte, sondern auch für Textilien, den 3-D-Druck und Bauteile für den Automobilsektor. Darüber hinaus erweitert die Möglichkeit zur Herstellung von PLA-Verbundstoffen und geschäumtem PLA die Palette der möglichen Anwendungen für diesen Biokunststoff. Sulzer unterstützt auch Sie gerne bei der Herstellung nachhaltiger Kunststoffe aus biobasierten Rohstoffen.
Polymer team